Mehr als der
"King of Queens"


Kevin James, geboren am 26. April 1965 in Mineola (New York), ist einer der international bekanntesten Stand-Up-Komödianten. Seine Darstellung des Doug Heffernan in der von 1998 bis 2007 gedrehten Sitcom „King of Queens“ verlieh ihm Kult-Status. In seinem neuen Film „Chuck und Larry – wie Feuer und Eis“ (Kinostart 27. September 2007) spielt er einen verwitweten heterosexuellen Feuerwehrmann, der aus finanziellen Gründen seinen Kollegen Adam Sandler heiratet. Plötzlich müssen die beiden der Öffentlichkeit vorspielen, dass sie wirklich ein schwules Pärchen sind. Im Interview mit Marc Hairapetian präsentiert er sich gewohnt schlagfertig, spricht aber auch über sein soziales Engagement, den Schauspielberuf als Therapie, das Ende des „King of Queens“ und seine größten Fans: die Kinder.

Interview mit US-Schauspieler, -Autor und -Produzent Kevin James

Von Marc Hairapetian

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Marc Hairapetian: In Ihrem neuen Kinofilm „Chuck und Larry – Wie Feuer und Flamme“ spielen Sie einen Feuerwehrmann. Haben Sie sich damit einen echten Jungentraum Ihrer Kindheit erfüllt?

Kevin James: Nein, mein Jungentraum war weniger ein Feuerwehrmann zu sein, als vielmehr ein Superheld wie aus den Marvel Comics. Erst später stellte ich fest, dass Feuerwehrleute wirkliche Helden sein können. In New York haben sie in der Zeit von 9/11 Unglaubliches geleistet. Mein Ko-Partner Adam Sandler und ich waren zur Vorbereitung einige Zeit auf einer echten Feuerwehrwache in Brooklyn. Wir lernten, die Feuerwehrautos zu steuern und wurden zu einigen Einsätzen mitgenommen. Als ich vor riesigen Flammenwänden stand, bekam ich regelrecht Angst. Doch als Schauspieler muss man sich ängsten stellen. Wenn man sie dann überwindet, ist das ein erfreulicher Nebenaspekt dieses schönen Berufs.

Marc Hairapetian: Der Schauspielberuf kann also auch eine Form von Therapie sein?

Kevin James: Jeder Schauspieler, der das grundsätzlich verneint, lügt. Was meinen Sie, was ich für ein Lampenfieber bei meinem ersten Auftritt als Stand-Up-Komˆdiant hatte? Ich machte mir vorher fast in die Hosen! „Warum mute ich mir das zu? Wird man mich wegen meiner Körperfülle verspotten?“, dachte ich. Doch als ich endlich auf der Bühne stand – und dazu auch noch ganz gut ankam, war das wie ein Akt der Befreiung für mich.

Marc Hairapetian: Wie sind Sie überhaupt zur Schauspielerei gekommen?

Kevin James: Zunächst studierte ich an der Cortland Universität drei Jahre Sportmanagement, doch irgendwie befriedigte mich das nicht innerlich. Spaß hatte ich dort lediglich als Running Back im Footballteam. Während der College-Zeit kam ich aus den Sommerferien nach Hause und bewarb mich aus Langeweile für eine Rolle in einer kleinen Theatergruppe. Ich wurde genommen und genoss die Reaktion der Zuschauer derart, dass ich mich nach ein paar anderen Aufführungen entschloss, einem von meinen Bruder Gary Valentine initiierten Comedy Club beizutreten. Nachdem ich versuchte, mich ständig zu verbessern und in der Show Comedy Circuit Erfolge hatte, wurde ich bei Star Search entdeckt. Mit der Tonight Show und einem Auftritt beim Montreal Comedy Festival kam der eigentliche Durchbruch. Ich spielte bei Ray Romanos Sitcom „Alle lieben Raymond“ eine Gastrolle. Schließlich bekam ich mit „King of Queens“ meine eigene Show, wobei mir bei der Vertragsunterzeichnung besonders wichtig war, für diese auch eigene Gags zu schreiben.

Marc Hairapetian: Ihre Sitcom „King of Queens“ ist ein weltweiter Erfolg. Die von Ihnen, Leah Remini und Jerry Stiller verkˆrperten Figuren Dough, Carrie und Arthur sind l‰ngst Kult. Ist mit der neunten Staffel tatsächlich Schluss?

Kevin James: Ja, auch wenn eine internationale Fangemeinde versucht, eine zehnte Staffel zu erzwingen. Die Begeisterung und Treue des Publikums ist r¸hrend, doch ich glaube, ich kann f¸r alle Beteiligten von „King of Queens“ sprechen, wenn ich sage, dass wir wirklich zum richtigen Zeitpunkt aufgehˆrt haben. Wenn wir jetzt weitermachen w¸rden, w‰re es aus rein egoistischen Gr¸nden, weil wir Schauspieler Spa_ miteinander haben und die Bezahlung stimmt. Ab einem gewissen Zeitpunkt wiederholen sich einfach die Geschichten und es wird immer schwieriger, kleine Nuancen hereinzuarbeiten. Lieber auf dem Hˆhepunkt mit richtigen Lachern abtreten, als irgendwann nur noch belächelt werden.

Marc Hairapetian: Gerüchten zufolge soll es häufig zu Streitereien mit Leah Remini, die ihre Filmehefrau spielte, gekommen sein. Ist das auch ein Grund für das Ende der Sitcom?

Kevin James: Das ist absoluter Blödsinn. Ich war ja damals an den Castings beteiligt und wollte sie, wie auch Jerry Stiller, unbedingt für die Rollen von Carrie und deren – sagen wir – etwas eigenwilligen Vater Arthur. Wir haben uns vom ersten Tag der Sitcom bis zum letzten blendend verstanden.

Marc Hairapetian: Im wirklichen Leben haben Sie im Juni 2004 Ihre langjährige Freundin Steffania De La Cruz geheiratet.

Kevin James: Ja, auch den Bund der Ehe zu schlie_en wirkte irgendwie befreiend auf mich. Seitdem haben wir ganz gut nachgelegt, was den Ausbau der Familie betrifft: 2005 kam unsere Tochter Sienna-Marie zur Welt – und in diesem Juni Shea Joelle. Yeah, ich bin ein richtiger Mädchenmacher – und ich hoffe, es folgt noch eines! Gegen einen Jungen wäre auch nichts einzuwenden. Kinder habe ich schon immer geliebt – und nun habe ich statt Filmkindern endlich eigene. Die kleinen Leute sind auch das beste Publikum – absolut unbestechlich und wahrhaftig in ihren Empfindungen. Lob für meine Arbeit von Kindern ist mir der liebste Zuspruch, weil sie so natürlich und unverstellt sind. Und wenn man mal schlecht war, sagen sie einem das auch ehrlich ins Gesicht.

Marc Hairapetian: Sie engagieren sich für viele wohltätige Projekte, so auch für krebskranke Kinder.

Kevin James: Ja, doch ich möchte das wirklich nicht an die große Glocke hängen und Werbung für mich damit machen. Meine Schwester hat einige Stiftungen ins Leben gerufen, die ich finanziell und mit Präsenz unterstütze. Wissen Sie, man muss nicht auf dem Geld sitzen, das man im Laufe der Jahre gescheffelt hat. Wenn man kann, ist es doch eine Selbstverständlichkeit, bedürftigen Menschen zu helfen – so auch Angehörigen der Opfer nach 9/11.

Marc Hairapetian: Kommen wir noch mal auf Ihren aktuellen Film zu sprechen: „Chuck and Larry“ ist eine Komödie mit Tiefgang und einer Botschaft. Als Witwer wollen Sie nur eines: Ihre Familie schätzen. Als Ihnen auffällt, dass Ihre Lebensversicherung Ihre Kinder nur dann als Begünstigte akzeptiert, gehen Sie eine Scheinehe mit Ihrem Feuerwehrkollegen ein. Das führt zwar zu einen Gagfeuerwerk, dennoch scheint es Ihnen wichtig zu sein, für die Gleichberechtigung von homosexuellen Lebensgemeinschaften einzutreten. Sind Sie ein humanistischer Stand-Up-Komödiant?

Kevin James: Wow, das hat mir noch niemand gesagt, ist aber sehr schmeichelhaft! Also ich für meinen Teil liebe Botschaften, auch in Komödien. Das macht sie nicht nur menschlicher, sondern auch realistischer. Ich mag Humor, der in alltäglichen Situationen entsteht. In „King of Queens“ ergibt sich Gag um Gag aus dem Zusammenleben und den Streitigkeiten eines übergewichtigen, jungen Ehemannes mit seinem skurrilen Schwiegervater. Dennoch halten sie, wenn es darauf ankommt, wie Pech und Schwefel zusammen. „Chuck und Larry“ ist auch ein Film, der die Frage aufgreift: Wie weit würdest du für einen Freund gehen? In unserem Fall sogar zu einer Scheinehe zweier nicht homosexueller Freunde, die die Kinder des einen abgesichert wissen wollen. Nach anfänglichen Reibereien untereinander werden sie sogar zu Ikonen der Gay-Community! Wir spielen mit Klischees, um sie zu brechen. Hier geht es nicht mehr um Schwul- oder Nicht-Schwul-Sein, sondern um gegenseitige Toleranz. Und das Anliegen war uns wichtig. Großartig, dass bei diesem Film auch ausgerechnet Richard Chamberlain als Richter einer Anhörung über die mutmaßliche Scheinehe mitgemacht hat.

Marc Hairapetian: Nach „Hitch – Der Date Doktor“ ist es bereits der zweite Film, in dem Sie einen Mann küssen!

Kevin James: Das ist wahr. Erst Will Smith, jetzt Adam Sandler. Mal sehen wer als nächstes kommt. Das steht aber jetzt immer in meinem Vertrag! Drittauflage wegen des großen Erfolgs! (lacht)

Marc Hairapetian: Stimmt es, dass Sie zusammen mit Adam Sandler eine Suite in einem Berliner Hotel bewohnen?

Kevin James: Gut recherchiert, wir führen unsere Scheinehe auch im wirklichen Leben weiter... Universal Pictures muss sparen. (noch größeres Gelächter). Ihn stört mein Schnarchen, mich, dass der alte Rumtreiber erst so spät nach Hause kommt – und mich ständig weckt. Ich sehne mich sehr nach meiner Ehefrau zurück! (seufzt)

Marc Hairapetian: Haben Sie eigentlich zu „Chuck and Larry“ auch Briefe aus der Gay Community erhalten?

Kevin James: Mich erreichten viele sehr anerkennende Briefe. Einige schrieben mir und meinten, sie würden mir gerne einen Heiratsantrag machen, allerdings wäre ich ihnen doch etwas zu dick. Immer dieser Körperkult...!

Marc Hairapetian: Waren Sie auch zu Besuch in Gay Clubs?

Kevin James: Ja, zusammen mit Adam. Zuerst befürchteten wir, dass wir angemacht werden, aber als wir drin waren, wurden wir einfach übersehen – und fühlten uns wie die hässlichsten Typen in der ganzen Bar...

Marc Hairapetian: Als Komödiant mit Zwischentönen sind Sie immens erfolgreich. Würde es Sie auch einmal reizen, in einem Film mitzuwirken, der ausschließlich ein Drama ist?

Kevin James: Ich suche mir die Angebote zunächst wirklich danach aus, wie gut mir die Geschichte gefällt. Und dann auch danach, wer meine Ko-Partner sind. Dabei handelt es sich meistens um Komödien. Mein Kollege Adam Sandler schafft ja den Spagat zwischen lustigen und ernsten Rollen. Wenn mir das Drehbuch zu einem Drama geschickt werden würde, dass mich anspricht, würde ich auch in einem Drama mitspielen, genauso wie in einem Porno...

Marc Hairapetian: Ihr Geburtsname ist Kevin George Knipfing. Haben sie deutsche Vorfahren?

Kevin James: Ja, das wird so sein. Ich änderte meinen Namen sehr schnell, als ich mit der Stand-Up- Comedy begann, weil die Leute ihn einfach nicht richtig aussprechen konnten. Wenn ich das nächste Mal mit meiner Familie wieder in Deutschland bin, werde ich nach Vorfahren forschen.

Marc Hairapetian: Wie gefällt Ihnen Berlin?

Kevin James: Das ist eine unglaublich lebendige Stadt, die sich ständig ändert. Als ich vor zweieinhalb Jahren mit „Hitch“ auf der Berlinale war, hatte ich Gelegenheit, mir viele historische Plätze anzusehen, diesmal kam ich über die Filmpromotion in Hotels und Restaurantbesuche nicht hinaus.

Marc Hairapetian: Als Experte in Sachen Humor: Ist er überall auf der Welt gleich, oder gibt es Unterschiede?

Kevin James: Eines steht schon einmal fest: der amerikanische und der deutsche Humor sind sehr ähnlich, wie Sie bei unserem Gespräch merken. Natürlich gibt es von Land zu Land Unterschiede. Der Britische ist bekanntlich sehr schwarz. In Amerika ist er schwarz, weiß, gelb und rot. Und durch die Vermischung der Kulturen wird er überall immer universeller.


Das Gespräch führte Marc Hairapetian am 5. September 2007 in Berlin.